Mehr Vielfalt im Unternehmen

Best-Practice-Lunch (swb AG)

Fachkräftemangel, Leistungs­steigerung, Innovationskraft: für ein gezieltes Diversity Management gibt es viele Argumente.

Doch wie sieht es konkret in der Praxis aus?

Wie messen wir Vielfalt? Wie erzeugen wir Vielfalt in Führungsebenen? Was ist der Hebel, um Diversity in Gang zu bringen? Um diese und andere Fragen ging es beim Diversity-Best-Practice-Lunch "Unsere Diversity-ID – Ein Managementansatz bei der swb AG für mehr Vielfalt im Unternehmen", zu dem das Zentrum für Interkulturelles Management & Diversity (ZIM) der Hochschule Bremen, die Trägergemeinschaft des Bremer Diversity Preises und die swb AG am 10. Dezember 2024 einluden.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Gunnar Geise, Vorstand Finanzen und Personal der swb AG. Über 30 Personen aus unterschiedlichen Branchen und Bereichen – von der Altenpflege über Jugendhilfe, Wohnungsbau, Logistik, Fußball, Malerhandwerk, Gesundheit, Arbeitssicherheit, Automobilien, Finanzen bis hin zu Kultur, Bildung und Politik – haben teilgenommen. Mit einem klaren Bekenntnis zur Bedeutung von Vielfalt beschrieb Gunnar Geise, wie wichtig die Messung und Gestaltung von Diversity strategisch sei, um dem Fachkräftemangel zu begegnen sowie um für Arbeitgeber:innen-Attraktivität und Leistungsorientierung zu sorgen. Das Unternehmen steht vor großen Herausforderungen bei der Bewältigung des demografischen Wandels und muss in den nächsten Jahren mehrere Hundert Stellen neu besetzen.

In einem Impulsvortrag erläuterte Burkhard Knoch – Leiter Kompetenzcenter Gesundheit und Diversity-Manager der swb AG – den Diversity-Management-Ansatz bei der swb AG. Vorgestellt wurde ein diverser Ansatz zur Förderung von Vielfalt in Verbindung mit strategischen Unternehmenszielen und der Operationalisierung in einem Balanced Scorecard Ansatz mit vier zentralen Dimensionen. 1. Alter & Beanspruchung, 2. Vielfalt in Führung, 3. Diskriminierungsfreiheit, 4. Strukturelle Vielfalt. Begleitende Maßnahmenfelder sind Beruf & Familie und Führungskräfteentwicklung.

Geleitet von der Frage, wie sich Vielfalt aus Managementperspektive entwickeln, steuern und messen lässt, wurde bei der swb AG die Berücksichtigung von Diversity in verschiedenen Entscheidungssituationen als unternehmerisches Ziel gesetzt. Gleichzeitig sollen die Veränderungsprozesse beteiligungsorientiert gestaltet werden.

Die erste Dimension, „Alter und Beanspruchung“, leitet sich aus folgendem Kontext ab: Schichtarbeit in Kombination mit körperlicher Arbeit bringt eine hohe körperliche Beanspruchung mit sich. Arbeitnehmer:innen erhalten deshalb beispielsweise Fitnessangebote, die mit Benefits kombiniert werden könnten. Durch anforderungsgerechtes Arbeiten kommt es zu einer höheren Achtsamkeit von Gesundheit. Das Pilotprojekt „Gesundheitszirkel im Anlagenservice“ erarbeitet Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten mit den Schwerpunkten Ergonomie, Qualifizierung, Pausenregelungen, Schichtmodelle, Gesundheitsangebote. Ziel ist hierbei vor allem in den technischen Gesellschaften in Zukunft besser auf altersabhängige Beanspruchungen reagieren zu können (-> auch Attraktivitätssteigerung). Die Gesamtheit dieser Innovationen wird qualitativ mit dem %-Wert bezüglich der Zielerreichung/Umsetzungsstand gemessen.

Ein wesentlicher Indikator im Unternehmen swb mit ca. 75% männlicher Belegschaft ist „Vielfalt in Führung“. Beispielsweise soll durch gezielte Ansprache der Frauenanteil erhöht werden. Hohe Flexibilität, Modelle des Führens in Teilzeit und neue Recruitingstrategien sollen Frauen in Führungspositionen stärken. Das Thema „Frauen in Führung“ ist ein klarer, gut umsetzbarer, effektiver und messbarer Ansatz für die Erhöhung der Vielfalt auf Führungsebene und ein deutliches Zeichen nach Innen und auch nach Außen (-> Recruiting und Arbeitgeberattraktivität). Der Zielerreichungsgrad wird kumuliert gemessen in % pro Gesellschaft und im Konzern für das Jahr 2029. Jedes Jahr wird über den Stand im MMT berichtet. Bei Berücksichtigung von Flexibilitätskapazitäten durch Fluktuation und der zu erwartenden Notwendigkeit, Positionen nach wie vor mit männlichen Bewerbern zu besetzen, ist dieser Wert der maximale Anspruch, der erreicht werden kann.

Diskriminierungsfreiheit ist ein weiterer Indikator der swb AG. Mittels psychischer Gefährdungsbeurteilung und der Schärfung der Wahrnehmung in der Belegschaft wird Diskriminierung verhindert oder bearbeitungsfähig gemacht. In Form eines Diversity Sounding Bords, bestehend aus 20 Personen, die Diversität repräsentieren und verantworten, gelingt die Einbindung möglichst vieler unterschiedlicher Perspektiven. Der Blick wird auf den Umgang mit Vielfalt aus Betroffenensicht gelenkt. Die GPTW-Befragung bietet Antwortkategorien zu sexueller Orientierung, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Alter und generell Diskriminierungsfreiheit. Die Einführung des Diversity-Bords in 2025 sichert die kulturelle Verankerung und diverse Maßnahmenentwicklungen, die über die reine Messung aus dem GPTW-Kontext hinausgehen.

Strukturelle Vielfalt ist der vierte Indikator der swb AG. Fokus ist hier das Personalmarketing mit regionalem Fokus. Ethnische Herkunft ist nicht „hart“ messbar, daher wird zunächst das Recruiting ausgeweitet auf neue Zielgebiete innerhalb der Stadt Bremen. Für die Folgejahre ist Internationalisierung eine Perspektive, die die swb AG verfolgen sollte (Traineeprogramme, international experts).

Wie welche Zielgruppen angesprochen werden können, wie die gesellschaftliche Vielfalt Bremens abgebildet werden kann, ist eine große Herausforderung für die swb in Zeiten des Fachkräftemangels.

In der Energiebranche besteht ein hoher Druck, sich zu verändern. Dazu gehört es, Gewohnheiten zu überdenken und teilweise zu brechen. So kann das Verlangen nach der Einstellung von Menschen mit perfekten Deutschkenntnissen nicht mehr aufrechterhalten werden. Im Gegenteil sollten kompetente Menschen auch mit geringen Deutschkenntnissen entsprechend gefördert werden.

Bei all diesen Herausforderungen hilft das 4 Indikatoren Modell mit begleitenden Maßnahmen und Guidelines. Begleitende Maßnahmen richten sich in Ergänzung auf die Themenfelder  Beruf & Familie sowie die Führungskräfteentwicklung. Dieses Konzept wurde vom Vorstand der swb AG und dem Managementteam verabschiedet und geht 2025 an den Start.

Der Austausch über Diversity-Best-Practice-Examples aus verschiedenen Perspektiven erzeugte unter allen Anwesenden einen fruchtbaren Wissenstransfer.

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